Warum sind bei Balkonkraftwerken nur 800 Watt erlaubt?

Die VDE-Norm für den sicheren Betrieb von steckerfertigen Solaranlagen (den sogenannten "Balkonkraftwerken") in Deutschland erlaubt maximal 800 Watt Einspeiseleistung. Der VDE die Abkürzung steht für Verband der Elektrotechnik hat dabei den sicheren Betrieb der gesamten Hauselektronik und des angeschlossenen Stromkreises im Blick.

Dabei sind die im Haus verlegten Stromleitungen maßgeblich. Liegt hier über einen langen Zeitraum zu hohe Leistung an, dann kann es zu Schmorbränden in den Kabeln kommen. Üblicherweise werden Stromleitungen mit 1,5 mm² Querschnitt verlegt. Ältere Mitmenschen oder Denkmalsanierer werden bestätigen können, dass das eine deutliche Steigerung ist gegenüber dem "Klingeldraht", der noch vor einigen Jahrzehnten verlegt wurde. 

Diese 1,5 mm² dicken Stromleitungen können über einen langen Zeitraum mit einer Stromstärke von max. 18 Ampere sicher beaufschlagt werden. Übliche Sicherungen im Hausnetz lösen bereits bei 16 Ampere aus, erlauben also, maximal 16 Ampere aus dem Stromnetz zu entnehmen. 

Was passiert nun, wenn ein Balkonkraftwerk angeschlossen ist und die maximal erlaubten 800 Watt liefert? 800 Watt sind 800 Voltampere, also 800 V*A. Geteilt durch 230 Volt des üblichen Hausstromkreises ergibt sich eine Stromstärke von rund 3,5 Ampere. Bei 1.600 Watt wären es rund 7 Ampere. 
Bei einer Absicherung von 16 Ampere blieben zu den sicheren 18 Ampere der Stromleitungen aber nur 2 Ampere übrig, um das Balkonkraftwerk zusätzlich zu betreiben. Das entspricht einer Einspeiseleistung von 460 Watt.

Zu beachten ist auch, dass sich die Leistungen aus dem Stromnetz (also alle angeschalteten Verbraucher) und die Einspeiseleistung aus dem Balkonkraftwerk im selben Stromkreis addieren. Große Verbraucher sind z.B. einfache Wasserkocher (bis 2.400 Watt), Waschmaschine und Wäschetrockner (bis 3.000 Watt), aber auch Haartrockner (2.000 Watt und mehr). Ein elektrischer Herd muss ohnehin separat und von fachkundiger Hand angeschlossen werden, da er bis zu 13.000 Watt benötigt.

Warum löst die Sicherung dann aber nicht viel häufiger aus, sie erlaubt ja nur 3.680 Watt (16A*230V)? Eine übliche Sicherung hat zwei Auslöser, einen thermischen Auslöser und einen magnetischen Auslöser. Thermisch löst die Sicherung nur aus, wenn über eine Stunde lang eine zu hohe Last von 18 bis 23 Ampere anliegt. 
Wenn die Sicherung "fliegt", dann war es aber meist der magnetische Auslöser. Er löst bei etwa dem 3-Fachen der erlaubten Stromstärke aus (entspricht ca. 11.000 Watt), was üblicherweise bei einem Kurzschluss passiert oder aber wenn doch zu viele starke Verbraucher am selben Stromkreis angeschaltet wurden. 

Es sind üblicherweise also genügend Reserven vorhanden. Warum dennoch die Begrenzung auf 800 Watt maximale Einspeiseleistung? Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied und in diesem Fall ist der Schwachpunkt die Schuko-Steckdose. Sie verträgt über einen längeren Zeitraum nur 8 bis 10 Ampere, das entspricht also 1.840 bis 2.300 Watt. Ausreizen sollte man das nicht, denn zur inneren thermischen Belastung aufgrund des Stromflusses kommt die äußere thermische Belastung an heißen Sommertagen. Die Steckdose wird sehr heiß. Hierbei ist auch an die Sicherheit von Haustieren und Kindern zu denken.
In jedem Fall sollten Sie an der Schuko-Steckdose, an der das Balkonkraftwerk angeschlossen ist, keine weiteren starken Verbraucher laufen lassen. Eine einfache Terrassenbeleuchtung z.B. mit 15 Watt ist hingegen kein Problem. Wählen Sie für höhere Einspeiseleistungen ansonsten eine spezielle Einspeisesteckdose, die jedoch vom Elektriker installiert werden muss.

Sie können in Ihrem Haus oder in Ihrer Wohnung natürlich die VDE-Norm ignorieren und z.B. 1.600 Watt einspeisen. Sollte es aber zu einem Brand kommen, dann wird es für eine Versicherung ein Leichtes sein, den Versicherungsfall abzulehnen. Sie bleiben dann auf dem Schaden sitzen. Auch Personen können zu Schaden kommen. 

Fazit: Obwohl 800 Watt sehr begrenzend klingt, wenn man die heutigen, leistungsfähigen Solarmodule betrachtet, muss man beachten, dass gerade im Altbestand oftmals nicht bekannt ist, welche Güte an Stromleitungen und Steckdosen installiert ist. Hinzu käme die Belastung des öffentlichen Stromnetzes durch die Einspeisung aus Millionen unregulierten Solaranlagen. Der VDE hat hier eine praktikable Lösung entwickelt, die vom Kleinen bis hin zum Großen, von der Steckdose und der Hausleitung über den Sicherungskasten bis zum Netzbetreiber und dem nationalen Stromnetz, viele Eventualitäten betrachtet und einen sicheren Betrieb ermöglicht.

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